Der Präsident der Kultusgemeinde über die FPÖ

Folgender Kommentar ist vor einigen Tagen im „Haaretz“ erschienen. Er gibt nicht zwingend unsere Meinung wieder, wir haben ihn aber trotzdem für euch übersetzt:

„Die neo-Nazis der FPÖ können ihren Hass auf Juden nicht verbergen, indem sie nach Israel reisen.
Während wir die Befreiung Europas feiern, trauern sie um das Ende des dritten Reichs. Wir werden ihre Beteiligung an der Regierung nicht normalisieren.

Die jüdische Gemeinde in Österreich und der Staat Israel sind nicht bereit, der FPÖ ein „koscheres Zertifikat“ auszustellen (Anm.: diese zu akzeptieren).
Der Grund für den Boykott der Minister der FPÖ ist nicht die Nazi-Vergangenheit des deutschnationalen Lagers. Die Partei hat sich niemals davon distanziert.
Was die FPÖ heute ist - und wofür sie steht - ist das eigentliche Problem. Da können sie noch so oft symbolisch Israel besuchen, ihre Gesinnung ist nicht zu verbergen.

Zweifellos ist das größte Risiko für Juden in Europa momentan von radikalislamischem Antisemitismus ausgehend. Erst kürzlich ist es wieder ausgebrochen, als US Präsident Donald Trump Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannte. Bei einer Demonstration (Anm.: vor der US Botschaft) in Wien schrien Demonstranten „schlachtet die Juden“ und „Israel muss sterben“ auf arabisch und persisch.

Die Parteien der Mitte und der Linken haben zu lange ihre Augen vor muslimischem Antisemitismus verschlossen, sei es aus Angst, selbst als Rassisten abgestempelt zu werden oder politischem Interesse an muslimischen Wählern zur Wahlzeit. Oder auch einfach aus Desinteresse.

Durch die jihadistischen Attacken auf Charlie Hebdo, das Stadion von Paris, die Metro in Brüssel, in Nizza und auf den Weihnachtsmarkt in Berlin hat sich diese Ansicht jedoch geändert. Wo vorher jüdische Schüler in Marseille, israelische Touristen in Burgas oder das jüdische Museum in Brüssel das Ziel waren, hat sich der IS Terror nun gegen alle „Ungläubigen“ gerichtet.

Aber nun wollen uns die schwarz-blauen Apologeten in der Regierung glaubhaft machen, dass gewalttätige Islamisten das einzige Problem für die Juden Europa sind. Das ist nicht der Fall. Die neo-Nazis sind nicht ausgestorben, sie haben sich einfach Masken aufgesetzt.

Nicht jeder FPÖ-Politiker ist ein neo-Nazi. Aber die Tatsache, dass 20 der 54 Nationalratsabgeordneten der FPÖ Mitglieder in schlagenden Burschenschaften sind, spricht für sich selbst. Diese Burschenschaftler sind der idelogische Kern der FPÖ. Oft verlangen diese Burschenschaften (Anm.: nicht offiziell, es gibt jedoch sehr wohl Berichte darüber) einen Ariernachweis. Und ihre anhaltende Unterstützung der Waidhofen Beschlüsse von 1896, welche Juden aufgrund ihrer Ethnie von einem Beitritt ausschloss.

Ja, die Parteiführung distanziert sich in Reden vom Antisemitismus. Aber sie tut nichts, um den Antisemitismus in ihren eigenen Reihen zu dämmen. Ganz im Gegenteil: die FPÖ unterstützt das Magazin „Aula“, wo Überlende des KZ Mauthausen kürzlich als „Landplage“ und „Kriminelle“ bezeichnet wurden.

Man muss sich nur das Beispiel von unzensuriert.at ansehen. Der Verfassungsschutz bezeichnet die Seite in seinem jährlichen Bericht als Teil des „extrem rechten, nationalistischen Lagers“ und stellt fest, dass die Berichterstattung „extrem xenophobische und antisemitische Tendenzen aufweist“. Desweiteren veröffentlichen sie Verschwörungstheorien mit einer pro-russischen Ideologie.

Diese Woche wurde der Chefredakteur ebenjener Seite zum Kommunikationschef des Innenministers ernannt, der auch dem Verfassungsschutz vorsteht.

2016 wurde Norbert Hofer, nun Infrastrakturminister, gefragt: „sind sie ein Antifaschist?“. Seine einfache Antwort darauf: „nein.“

Das Forum gegen Antisemitismus verzeichnete 2016 insgesamt 477 antisemitische Vorfälle. 59 Prozent davon wurde kein ideologisch motivierter Hintergrund zugewiesen. 28 Prozent kamen jedoch aus dem eindeutigen rechtsextremen Eck. Wenn die Apologeten der schwarz-blauen Regierung nun die Existenz des gewalttätigen Rechtsextremismus verneinen, leugnen sie die Realität. Es ist der gleiche Personalpool, aus dem die FPÖ ihre Abgeordneten und Minister schöpft, die vielleicht in ihrer offiziellen Tätigkeit ihre Gesinnung verschleiern, jedoch auf der Straße diese offen zu Gesicht geben.

Wenn jüdische Mandatare wie David Lasar (FPÖ) und Martin Engelberg (ÖVP) nun diese zwei Parteien zu Antisemitismus-frei erklären wollen, können sie das gerne versuchen, aber sie sprechen für niemanden ausser sich selbst.

Die jüdische Gemeinde und der Staat Israel nehmen ihre historische Verantwortung wahr. Wir, in Österreichs jüdischer Gemeinde, lassen uns nicht von ihrer Maskerade täuschen.

Oskar Deutsch“

https://www.haaretz.com/opinion/1.830343

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